Automatisieren, digitalisieren, vernetzen für eine sichere, nachhaltige und komfortable Mobilität.
Zusammen mit unserer neuen Organisationsstruktur wurde im Januar 2020 bei Automotive Technologies der Bereich Holistic Engineering and Technologies, genannt he[a]t, für die Forschung und Entwicklung (F&E) eingerichtet. Die Einheit übernimmt Verantwortung für zentrale Entwicklungsaktivitäten der Geschäftsfelder Autonomous Mobility and Safety sowie Vehicle Networking and Information. he[a]t wird Zukunftsthemen wie Künstliche Intelligenz, zentrale Architekturen, Software oder Plattformen für Hochleistungsrechner (High-Performance-Computer, HPC) abdecken und das weltweite Engineering in einem Netzwerk sicherstellen. Grundlegende Standards sollen zentral definiert, koordiniert und entwickelt werden, um sie dezentral effizient und möglichst schnell auf Kundenbedürfnisse anzupassen. Durch he[a]t stärken wir unsere organisationsübergreifende Zusammenarbeit, verkürzen Innovationszyklen und erhöhen die Flexibilität unserer Innovationsprozesse. Im Unternehmensbereich Rubber Technologies sind die F&E-Organisationen nach wie vor unterschiedlich aufgestellt. Die F&E des Geschäftsfelds Tires ist weitgehend zentral organisiert, da die Produktanforderungen für Reifen weltweit sehr ähnlich sind. Im Geschäftsfeld ContiTech sind die F&E-Aktivitäten aufgrund der unterschiedlichen Produktbereiche vorwiegend dezentral organisiert. Die F&E des Unternehmensbereichs Powertrain Technologies ist in der Zentralfunktion Technology and Innovation zusammengefasst.
Kommunikation in Echtzeit
Vernetzte Fahrzeuge sind Grundlage für Echtzeit-Verkehrsmeldungen, Informationen zu Gefahrenstellen und zukünftige Fahrerassistenzfunktionen, da sie direkt mit anderen Fahrzeugen oder der Infrastruktur kommunizieren. So sorgen sie für mehr Fahrsicherheit und Effizienz bzw. weniger Kraftstoffverbrauch.
Ein Entwicklungsschwerpunkt von Continental im Berichtsjahr war die flexible 5G-Hybridplattform zur V2X-Kommunikation. V2X (Vehicle to Everything) wird die Kommunikation des Fahrzeugs, mit z. B. anderen Fahrzeugen, der Verkehrsinfrastruktur, Personen oder Netzwerken genannt. Die Besonderheit der Plattform ist, dass sie sowohl die Kommunikation über das Mobilfunknetz als auch den schnellen und zuverlässigen direkten Datenaustausch ermöglicht.
Anders als bei der Kommunikation über das Mobilfunknetz ist die Technologie für eine direkte V2X-Kommunikation weltweit unterschiedlich. Die neue hybride V2X-Lösung bringt beide Kommunikationsstandards auf eine Hardware- und Softwareplattform. Das senkt die Kosten und verringert die Komplexität bei der weltweiten Anwendung der V2X-Kommunikation. Fahrzeughersteller können so den Herausforderungen beim globalen Einsatz von V2X begegnen.
Zur Erprobung des fahrerlosen Fahrens werden Verkehrsknotenpunkte mit smarter Sensorik zu intelligenten Kreuzungen umgebaut. Sensoren in Ampeln und Straßenlampen tauschen dann Daten mit Fahrzeugen in der Nähe aus, um insbesondere Fußgänger und Fahrradfahrer zu schützen. Die Technologie kann z. B. einen Fahrer beim Abbiegen vor verdeckten Fußgängern oder Radfahrern warnen. Durch die Verkehrsdaten der Straßenlampen können Emissionen gesenkt werden, denn die Signalwechsel der Ampeln können so gesteuert werden, dass der Verkehrsfluss optimiert und Stillstandzeiten an Kreuzungen verringert werden.
Server ersetzt Steuergeräte
Leistungsstarke Server werden in Zukunft die Rechenleistung von bis zu 100 Steuergeräten im Auto übernehmen. Der von uns entwickelte High-Performance-Computer (HPC) ermöglicht ein hohes Maß an Fahrzeugvernetzung, z. B. um Funktions- und Sicherheits-Updates im Fahrzeug zu installieren, die drahtlos übertragen werden. So werden Fahrzeuge einfacher und schneller aktuell gehalten. Der HPC geht bei den ID.-Elektromodellen von Volkswagen in Serie.
Forschungs- und Entwicklungskosten (netto) | ||||
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2019 | 2018 | |||
Mio € | % vom Umsatz | Mio € | % vom Umsatz | |
Chassis & Safety | 1.048,7 | 11,2 | 1.023,2 | 10,7 |
Powertrain | 664,1 | 8,5 | 672,6 | 8,7 |
Interior | 1.189,2 | 12,4 | 1.064,7 | 11,0 |
Reifen | 299,4 | 2,6 | 299,4 | 2,6 |
ContiTech | 162,8 | 2,5 | 149,1 | 2,3 |
Continental-Konzern | 3.364,2 | 7,6 | 3.209,0 | 7,2 |
Aktivierung von Forschungs- und Entwicklungskosten | 232,4 | 158,0 | ||
in % der Forschungs- und Entwicklungskosten | 6,5 | 4,7 | ||
Abschreibungen auf aktivierte Forschungs- und Entwicklungskosten | 120,4 | 90,0 |
Zusammenspiel von Mensch und Maschine
Mit der Entwicklungsplattform CUbE (Continental Urban Mobility Experience) erforschen und erproben wir den fahrerlosen Transport von Personen oder Gütern und die stärkere Vernetzung aller Verkehrsteilnehmer untereinander. CUbE ist ausgestattet mit einer Reihe von Continental-Produkten und -Systemen, darunter Sensoren, Bremsen, Steuergeräte, Fahrerassistenzsysteme, Oberflächenmaterialien und Reifen. Unsere Technologien für das autonome Fahren, die in CUbE eingesetzt sind, sind bereits in den USA, Japan, China, Singapur und Deutschland im Einsatz. Dabei handelt es sich um mehrere Pilotprojekte auf vorgegebenen öffentlichen Strecken, Universitäts- und Messegeländen sowie an unseren Standorten. Autonome Shuttlebusse oder Robo-Taxis werden in Zukunft als Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs eine entscheidende Rolle spielen.
Digitales Reifenmanagement
Sensoren im Reifen liefern Informationen, die helfen, Sicherheit und Kraftstoffeffizienz zu erhöhen. Conti C.A.R.E. (Connected. Autonomous. Reliable. Electrified.) heißt unser Konzept, das Rad- und Reifentechnologie verbindet. Conti-C.A.R.E.-Reifen verfügen über Sensoren in der Reifenstruktur. Sie generieren und interpretieren kontinuierlich Daten über Profiltiefe, mögliche Beschädigungen, Reifentemperatur und Fülldruck. Die Daten werden an Conti-Connect, unsere internetbasierte digitale Plattform für Pkw- und Nutzfahrzeugreifen, weitergeleitet und ausgewertet. Entsprechen die Werte nicht der Norm, wird der Flottenmanager automatisch per SMS oder E-Mail informiert. Durch Conti C.A.R.E. kann der CO2-Ausstoß verringert, die Laufleistung verbessert und Reifenpannen können reduziert werden. Die Applikation wird kontinuierlich weiterentwickelt, um das Fahren noch sicherer, komfortabler und wirtschaftlicher zu machen. ContiConnect wurde von der Zeitschrift „Transport“ der Europäische Transportpreis für Nachhaltigkeit 2020 verliehen.
Hohe Leistung trotz geringer Spannung
Ein Voll-Hybrid-Fahrzeug mit 48-Volt-Technologie galt bislang als nicht realisierbar. Fährt ein Hybridfahrzeug rein elektrisch, arbeitet der elektrische Teil des Antriebs üblicherweise mit Hochvolttechnik, d. h. hohen Spannungen von bis zu 800 Volt. Nun ist es uns gelungen, ein 48-Volt-Hybridsystem zu entwickeln, das vergleichbare Merkmale wie ein Hochvolt-Elektroantrieb aufweist: die 48-Volt-High-Power-Technologie. Schlüsselkomponente dabei ist eine neue, wassergekühlte Elektromaschine mit hohem Wirkungsgrad, deren Spitzenleistung im Vergleich zu bislang eingesetzten auf 30 kW verdoppelt werden konnte. Damit wird rein elektrisches Fahren bis zu einem Geschwindigkeitsbereich von 80 bis 90 km/h möglich.
Das neue System aus E-Maschine mit integrierter Leistungselektronik und einer Batterie senkt den Spritverbrauch und somit auch den CO2-Ausstoß gegenüber vergleichbaren Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor um rund
Zentrum für funktionale Drucktechnologien
Am Standort Freiburg richten wir ein Technikum ein, um mit Kooperationspartnern aus Industrie und Wissenschaft den funktionalen Druck, z. B. gedruckte Elektronik, zur Marktreife zu entwickeln. Die Möglichkeiten für eine kosteneffiziente, schnelle und nachhaltige Herstellung von intelligenten Oberflächen sind breit gefächert. Sie dienen u. a. als Basis für Industrie 4.0. Gedruckte Elektronik steht für elektronische Anwendungen, die per Druckverfahren hergestellt werden. Statt Druckfarben werden elektrisch leitfähige Tinten als Leiterbahnen und Bauteile auf Oberflächen gedruckt. So werden heute beispielsweise bereits Sensoren oder Solarzellen mithilfe dieser Methode hergestellt. Weiteres Geschäftspotenzial ergibt sich in der Verpackungsindustrie. Funktionale und individuell gestaltete Verpackungen werden künftig ein wichtiges verkaufsunterstützendes Element werden.
Umweltschonendes Haftsystem für textile Festigkeitsträger
Continental und Kordsa haben COKOON™, ein umweltschonendes Haftsystem für textile Festigkeitsträger mit Gummimischungen entwickelt, die z. B. in der Reifenindustrie, in Industrieschläuchen und Förderbändern verwendet werden. Die neue Technologie ermöglicht die Haftung von textilen Festigkeitsträgern ohne Einsatz der als gesundheitsschädlich eingestuften Chemikalien Resorcin und Formaldehyd. Erste Serienreifen mit der Technologie sind bereits im Markt. Beide Partner verfolgen das Ziel, COKOON™ als neuen Haftsystem-Standard zu etablieren und damit das bisherige Haftsystem abzulösen. Dafür ist eine lizenzrechtliche Open-Source-Lösung entwickelt worden, die interessierten Unternehmen zur Prüfung zur Verfügung gestellt wird. Continental und Kordsa verzichten auf Entwicklungs- oder Lizenzgebühren. Im Gegenzug verpflichten sich teilnehmende Unternehmen, ihre Patente zur Weiterentwicklung der Technologie anderen Partnern ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.